Ein aufgeklappter Laptop neben dem ein Stethoskop liegt und jemand gesundes Content-Marketing betreibt

Gesundes Content-Marketing – Eine Branche mit Eigenheiten

Während viele Pharmaunternehmen ihr Heil weiterhin in TV-Spots für das Vorabendprogramm der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten suchen, verschlafen sie ein wesentliches Faktum: Die Zielgruppe für rezeptfreie Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel und gesundheitsfördernde Maßnahmen ist inzwischen längst online. Und die Branche hat Aufholbedarf. Patentlösungen gibt es für diesen anspruchs- wie reizvollen Markt jedoch nicht.

von Marc Michael Schoberer

Die Ausgangslage: Gesundheit und Internet

Laut einer Erhebung statistischem Bundesamt suchten mehr als zwei Drittel aller Deutschen im Jahr 2015 online nach Informationen zum Thema Gesundheit, etwa zu Verletzungen, Krankheiten oder Ernährungsfragen. Jede Stunde gehen bei Google mehr als 570.000 Suchanfragen zu Gesundheitsthemen ein. Das macht das Internet zur Anlaufstelle Nr. 1 – noch vor dem Arzt oder Apotheker. Und Hand aufs Herz: Haben Sie im Krankheitsfall noch nie ihre Symptome gegoogelt? Oder im Internet recherchiert, welches Mittel Ihnen bzw. Ihren Angehörigen verschrieben wurde?

Die Strategie: Patient schlägt Produkt

Ausnahmslos jede Branche spricht von der unglaublichen Relevanz zielgruppenorientierter Inhalte, vom vielbeschworenen „content is king“ und von der Notwendigkeit „qualitativ hochwertiger Texte“ – in kaum einem Marktumfeld dürfte diese digitale Binsenweisheit allerdings wichtiger sein als im Gesundheitsbereich.

Nur ein Bruchteil aller gesundheitsbezogenen Suchanfragen beinhaltet tatsächlich ein spezifisches Produkt – etwa fünf bis zehn Prozent. Das Informationsbedürfnis der Zielgruppe richtet sich vielmehr nach den Symptomen und dem Verlauf einer bestimmten Erkrankung (90-95%). Dies bedeutet: Es genügt beileibe nicht, eine hervorragende Produkt-Webseite aufzubauen, die in schillernden Farben und perfektem Werbedeutsch sämtliche Vorteile, USPs und Nutzwerte des Präparates auf den Punkt bringt – wobei dieser Schritt natürlich keineswegs vernachlässigt werden darf.

Um im Healthcare-Bereich nachhaltig Betroffene zu erreichen, muss zwingend ein Zwischenschritt erfolgen: Die Gruppe der unentschlossenen Nutzer sucht nicht nach einem bestimmten Mittel, sie hat ein grundlegendes Bedürfnis nach valider, verlässlicher Information zu ihrem Krankheitsbild. Der eigene Körper ist keine Spielwiese, an dem man das ein oder andere Gadget ausprobiert und bei Nichtgefallen zurückschickt. Bevor man sich entschließt, eine bestimmte Therapieform oder ein Präparat anzuwenden, muss man sich absolut sicher und umfassend informiert fühlen. An diesem fragilen Punkt auf der Reise des Patienten wäre das blumige Genesungsversprechen einer Produktseite vergebliche Liebesmüh – hier sind harte, gut recherchierte und vertrauensstiftend aufbereitete Fakten gefragt.

Das Problem: Vertrauen und Werbung

„Wenn ich nach ‚Kopfschmerzen‘ suche, habe ich laut Internet am Ende immer einen Gehirntumor!“ – so lautet ein oft vernommenes Vorurteil gegenüber Gesundheitsinformationen im Netz – und ebenso oft trifft dies bedauerlicherweise auch zu.

Diesem halbseidenen Wirrwarr aus Falschaussagen kann man mit ratgebenden Gesundheitsportalen zumindest ein Stück weit entgegentreten und stattdessen valide Auskünfte anbieten. Dafür braucht es jedoch eine In-House-Redaktion oder eine erfahrene Agentur mit entsprechender Manpower. Mit zugekauften Inhalten bekannter Textbörsen lässt sich der in unserem Branchenumfeld notwendige Qualitätsstandard keinesfalls aufrechterhalten. Nur ein geringer Teil unserer hausintern erstellten Texte verfolgt dabei explizit werbliche Zwecke (etwa in Form von Advertorials), das Gros unseres Contents bilden die neutral gehaltenen Informationen zu spezifischen Krankheitsbildern und Therapieformen. Wir sind davon überzeugt, dass der Weg des Patienten nur dann erfolgreich von uns begleitet werden kann, wenn er bereits beim Erstkontakt mit der Webseite ein gewisses Vertrauen in die Inhalte entwickeln kann. Hierzu gehören nicht nur gut recherchierte Fachinformationen und ein einladender Sprachstil, sondern natürlich auch eine übersichtliche Präsentation.

Die Methode: Suchmaschinen-Optimierung und maßgeschneiderte Antworten

Eines der primären Ziele ist es, den Nutzer direkt von der Suchmaschine abzuholen – genau hier liegt das Kernstück unserer Arbeit. Nur so können wir unsere bestmöglich aufbereiteten Inhalte direkt im Blickfeld des Patienten platzieren und erreichen gleichzeitig eine breit gefächerte Zielgruppe. Um eine möglichst große Zahl an Patienten zu erreichen, sind zwei Dinge unerlässlich:

1. Konstantes Monitoring der relevanten Suchanfragen im Gesundheitsbereich: Wonach und in welchem Wortlaut wird gesucht?
2. Möglichst umfangreiche Behandlung jedes einzelnen Themas unserer Webseiten: Gibt es Bereiche, die von uns noch nicht oder nicht genügend bearbeitet wurden?

Abstrahiert handelt es sich hierbei also um die digitale und contentbasierte Variante des klassischen Wechselspiels von Angebot und Nachfrage: Was fragt der Nutzer nach und was bieten wir bereits? Um in einem sehr dynamischen Medium wie dem Internet in genau diesem Bereich Fortschritte zu machen, Nischenthemen zu finden und die Auffindbarkeit unserer Informationen konstant zu verbessern ist eine enge Verzahnung von SEO-Abteilung und Redaktion gefragt. Während der medizinische Fachredakteur durchaus weiß, was er zu welchem Thema anbieten kann, weiß der Suchmaschinenoptimierer seinerseits, was nachgefragt wird und vor allem, wie man den Text an der richtigen Stelle positioniert. Ein unkommunikatives Nebeneinander der Abteilungen ist fatal: Einen nichtssagenden Text mit ein paar Keywords zu füttern ist genauso wenig zielführend wie einen guten Inhalt unsichtbar im Nirwana des Netzes versickern zu lassen.

Die Balance: Suchmaschine und Nutzer

Wie jeder Content-Marketing-Experte weiß, beginnt die eigentliche Arbeit erst nach dem Veröffentlichen der Inhalte im Netz. Um unser Angebot permanent zu verbessern, setzen wir sowohl auf die akribische Auswertung der Nutzersignale als auch auf die Untersuchung der Sichtbarkeit in den Suchmaschinen. Beide Bereiche sind dabei längst nicht unabhängig voneinander zu betrachten. Unserer Erfahrung nach werden die Nutzersignale auch für die Bewertung der Inhalte durch Suchmaschinen wie Google immer wichtiger. Die Frage: „Wie gut werden die Inhalte von den Usern angenommen?“ kann daher nicht losgelöst von der Frage nach der Auffindbarkeit beantwortet werden. Dem Nutzerverhalten als zentralem Scharnier zwischen User und Suchmaschine wird unserer Einschätzung zufolge in Zukunft ein Großteil der Aufmerksamkeit im Content-Marketing zukommen. Gemäß der Faustregel: „Ist der Nutzer zufrieden, ist auch die Suchmaschine zufrieden“ arbeiten wir konsequent an der Befriedigung der Nutzerbedürfnisse und der idealen Antwort auf ein möglichst breites Spektrum an Suchanfragen.

Auch die permanente Arbeit am Content ist mittlerweile essenziell. Content Curation ist ein eindeutiges Signal an Google und den User: Dieser Text liegt mir am Herzen. Dieser Text ist ein lebendiges Stück Patienteninformation und kein verstaubendes Stück Content, dass ohnehin nie jemand lesen sollte.

Der Weg: Nutzerführung und Conversionpfad

In der Theorie ist das Rezept für die Befriedigung von Informationsbedürfnissen denkbar einfach: Um diverse Fragen beantworten zu können, muss man diverse Antworten parat haben. So banal diese Erkenntnis auch sein mag, sie hat sich noch nicht überall herumgesprochen. Immer wieder finden wir Portale im Netz, die auf jede beliebige Frage eines Nutzers immer dieselbe Antwort geben möchten: das Produkt! Dabei ist ganz gleich, wie die Anfrage lautet. Am Beispiel „Erkältung“:

„Was hilft gegen Schnupfen?“ – „Unser Produkt!“
„Wie senkt man Fieber?“ – „Mit unserem Produkt!“
„Habe ich Erkältung oder Grippe?“ – „Egal, nimm unser Produkt!“

Hinter diesen Fragen stehen jeweils unterschiedliche Bedürfnisse, unterschiedliche Stadien einer Erkrankung, unterschiedliche Lebensumstände und Erwartungshaltungen. Für eine größtmögliche Bandbreite an Antworten ist es immens wichtig, einen Themenkomplex auf unterschiedlichen Komplexitätsniveaus zu bearbeiten. Von allgemeinen Überblickstexten, die an der Oberfläche des Themas das Notwendigste auf den Punkt bringen über die laienverständliche Aufbereitung medizinischer Abläufe bis hin zu ganz konkreten Handlungsanweisungen.

Wir arbeiten laufend daran, diese inhaltliche Struktur auch in Bezug auf die formalen Aspekte und Nutzerführungselemente der Webseite zu spiegeln: Je nach „Informationstiefe“ der Suchanfrage lässt sich beispielsweise durchaus antizipieren, ob an dieser Stelle keine Werbung, wohldosierte Werbung oder auch schon offensivere Werbung eingestreut werden kann. Durch stetige Beobachtung der Nutzerbewegungen lassen sich auch die Klickwege der User konsequent verbessern. Um einen vielversprechenden und gut funktionierenden Conversionpfad anzulegen – also einen Weg, der den Nutzer von seinem Informationsbedürfnis letztlich doch hin zum Produkt führt – greifen wir natürlich auch auf unsere Messdaten zurück. Die Beobachtung des Nutzerverhaltens mittels Pfadanalysen ist dabei aber nur die halbe Miete – hinter dem Optimierungsprozess steht immer ein Basiskonzept, das auf der Grundlage von Erfahrungswerten und mit gesundem Menschenverstand erstellt wurde. Einem Nutzer etwa, der sich fragt, wie er seine Erkältung behandeln soll, können wir als Anschlussinformation kaum anbieten, wie man einer Erkältung vorbeugt – dafür ist es eindeutig zu spät.

Die Zukunft: „targeted content“

Einen Schlüssel zur punktgenauen und ansprechenden Platzierung von Inhalten und Nutzerführungselementen stellt „targeted content“ dar: Hierbei handelt es sich um das Bereitstellen individueller Inhalte für jeden Nutzertyp einer Webseite. Beispielsweise sucht ein männlicher Erstbesucher Mitte Fünfzig höchstwahrscheinlich andere Informationen als eine junge Frau, die bereits häufiger auf diesem Portal recherchiert hat. Um beiden Beispiel-Besuchern zielgruppengerechte Inhalte anbieten zu können, arbeiten wir einerseits mit Personas – fiktiven Charakteren, die anhand eines konkreten Fragenkatalogs entworfen werden – und andererseits mit dem Datenpool unserer Ratgeber. So kommen bei der Contenterstellung und -pflege nicht nur klassische demografische Faktoren, sondern auch datengestützte Erkenntnisse zum spezifischen Verhalten unserer User zum Tragen.
Der Gedanke hinter „targeted content“ ist im Grunde recht simpel: Ähnlich dem Einzelhändler, der seinen Kunden mustert und auf dessen Eigenheiten und Jargon ad hoc reagieren kann, passen wir unseren Sprachstil, unsere Informationsaufbereitung sowie die Auswahl der Themen und die Intensität unserer werbewirksamen Maßnahmen dem digitalen Gegenüber bestmöglich an. Die tatsächliche Umsetzung dieses Prinzips ist definitiv aufwändig. So müssen für jeden potentiellen Nutzertypus eigene Inhalte erstellt werden, Bewegungs- und Interessenprofile minutiös ausgewertet und beim Seitenaufruf innerhalb von Sekundenbruchteilen verfügbar gemacht werden. Aufwand, der sich definitiv lohnt.